(Hier geht’s zum Anfang der Geschichte…)
Mitte August ist es nun beinahe, als wir uns nach Schweden auf den Weg machen. Kurz hinter Kopenhagen geht es erst einmal „20.000 Millimeter unter dem Meer“ durch einen fünf Kilometer langen Tunnel (Huuuuh!) und dann beginnt die 16 Kilometer messende Brücke über den Øresund Richtung Malmö.
Dieses wie auch andere verkehrstechnische Bauwerke werden in Scandinavien durch eine Mautgebühr finanziert und unterhalten, die sich nach Art und Länge von Fahrzeugen berechnet und bei der Øresundsbron derzeit zwischen rund €60 und über €200 beträgt. Da viele Schweden und Dänen regelmäßig über die Brücke pendeln, gibt es verschiedene Rabattangebote, die sich auch für Touristen nutzen und rechnen können. Und weil es in Scandinavien weitere mautpflichtige Strecken gibt, macht eine Registrierung des Autokennzeichens bei einem Maut-Dienstleister Sinn.
Man kann auf diesem Weg dann nämlich alle an den jeweiligen Bezahlservice angeschlossenen Mautstrecken (und teilweise Fähren) automatisch bezahlen und läuft nicht Gefahr, Wochen oder Monate nach dem Urlaub eine teure Rechnung zu erhalten. Denn nicht alle Strecken haben ein Bezahlterminal, an dem man auch den Preis per Kreditkarte bezahlen kann. Vielfach wird einfach das Kennzeichen gescannt und eine Rechnung an den Halter des Fahrzeugs geschickt.
Digital
In bestimmten Fällen (Mietfahrzeug, besondere Rabatte) kann es auch sinnvoll sein, statt der Registrierung einen sogenannten „Bizz“ zu verwenden, wie wir es gemacht haben. Das ist ein kleiner Funksender, der im Fahrzeug plaziert wird, und ähnlich der Registrierung des Kennzeichens mit einem Zahlungsmittel verbunden ist. Beim Durchfahren einer Mautstelle oder -strecke piepst das Dingelchen, ggf. öffnet sich die Schranke und man weiß sicher Bescheid, dass eine Zahlung geleistet wurde.
Wir hatten uns aufgrund eines guten Tipps (Danke, Ronnie!) für Brobizz entschieden, der nicht nur in ganz Scandinavien funktioniert, sondern sogar auch gleich um die Ecke bei der ASFINAG in Österreich (Bernd!).

Man kann jedoch z. B. auch bei ØresundPAY ein solches Gerät ordern, wo es aktuell kostenlos ist.
Mit dem jeweiligen Gerät oder der Registrierung des Kennzeichens verbunden kann man dann z. B. auch einen Sondertarif gegen eine Grundgebühr buchen, mit dem Rabatte gewährt werden.
Im Falle der Brücke von und nach Schweden wäre das ØresundGO für rund €50 im Jahr, was in unserem Fall den Preis für eine Querung von rund €120 (PKW mit Hänger bis 15m Gespannlänge) auf €47 drückt. Ergo: Hin und Rückfahrt kosten zusammen statt €240 nur €144 inkl. der Jahresgebühr.
Noch ein Tipp: Für die Vorbereitungen sollte man einen Monat vorher mal mit den betreffenden Webseiten Kontakt aufnehmen und sich überlegen, welche Mautstrecken, Rabattangebote und Geräte in Frage kommen. Der Brobizz traf zwar schon eine Woche nach Bestellung ein, aber das Ganze kann auch mal länger dauern. Den Rabattvertrag schließt man übrigens bei Verwendung eines Bizz immer mit dem Anbieter des Bizz ab, nicht mit der Mautstelle.
Alles verstanden? Dann ist eine wesentliche Voraussetzung für Urlaub in Scandinavien schon einmal erbracht. Denn alles finanzielle ist dort digital. Bargeld wird so gut wie nicht akzeptiert und wir haben in den ganzen zwei Wochen keine Münze berührt – aber dafür 96 Apps auf das Handy installiert…
Wege

Auch in Schweden fährt es sich wie schon in Dänemark sehr entspannt, was natürlich einerseits am generellen Tempolimit auf den Autobahnen von 110km/h (in Ausnahmen auch 120km/h) liegt, aber auch an den kilometerlangen Einfädel- und Abbiegespuren.
Mit Beton und Asphalt sparen die Skandinavier offensichtlich nicht und an wichtigen Knotenpunkten können da zu den zwei üblichen auch mal vier zusätzliche Fahrspuren dazukommen, auf denen sich der manchmal auch dichte Verkehr sehr gemütlich sortiert.
Baustellen haben wir zwei Wochen lang nicht gesehen. Erstaunlich, wo sich doch die zerstörerische Witterung hier ebenso bemerkbar machen dürfte, wie bei uns. Und obwohl diese ganze Infrastruktur nur von einer „Handvoll“ Steuerzahler finanziert wird (Einwohnerzahlen: DK 6Mio, S 10 Mio, N 5,5Mio), ist alles tipptop in Ordnung.
Ups! Aber schon erwischt uns eine Vollsperrung!

Unspektakulär werden wir von einem einzelnen Herren in Feuerwehrschutzkleidung freundlich aber bestimmt auf eine Raststätte verwiesen. Und schon sind wir mit dem gesamten Fernverkehr beim Waldspaziergang.
In der Folge lernen wir dann auch Bullerbü und seine Umgebung kennen, denn es geht einige Kilometer über malerische Feldwege bis zur Einmündung im nächsten Dorfauf auf eine dann echte Landstraße. Dass entgegenkommende Fahrzeuge auf dem Feld teilweise in den Hafer ausweichen müssen, nehmen alle Beteiligten äußerst gelassen hin. Nach einer halben Stunde ist der Ausflug vorbei und wir wieder auf der Autobahn.
Für unsere Routen- und Ladeplanung übrigens kein Problem, da die gemütliche Landpartie natürlich sofort den Verbrauch auf dieser Strecke stark reduziert hat. Der Umweg fällt also nicht ins Gewicht. Zu diesem Zeitpunkt sind es auch nur noch rund 80km (also etwa 40% Akkukapazität) bis zu unserem Ladestopp in Varberg und danach noch einmal soweit bis zu unserem Campingplatz in Askimsbadet, einem Außenbezirk von Göteborg.

Dank Vorausbuchung am Vortag ist die Ankunft wieder völlig stressfrei:
Auch wenn wir den Check-In an der Rezeption versäumt hätten, wären unsere Zugangskarten zusammen mit allen notwendigen Informationen zum Campingplatz in einem Schließfach hinterlegt gewesen. So bekommen wir die freundliche Info jedoch mündlich und können anschließend in Ruhe aufbauen.
Basislager
Später legt sich dann eine leichte Feuchtigkeit vom Meer über den Platz, Fahrradtouristen, Wanderer und Autocamper nutzen die gut ausgestattenen Grillplätze, Bratwurstduft vermischt sich mit dem Rauch der Kohle, Gespräche und Gelächter sind überall das Grundgeräusch. Eine schöne Abendtimmung entsteht, wie man sie so eigentlich nur auf Campingplätzen erleben kann, und die lange Dämmerung hier im Norden hält sie aufrecht.

Auch auf den anderen Plätzen, die wir in Schweden noch kennenlernen, sind die Angebote an die Camper sehr breit ausgebaut, egal ob man mit dem „unterkellerten, mehrgeschossigen“ Luxuswohnmobil unterwegs ist, im PKW seinen Schlafsack ausrollen möchte oder mit Fahrrad und zu Fuß nur ein kleines Zelt dabei hat.
Jeder findet die Infrastruktur, die er oder sie braucht: Es gibt saubere Küchen mit Essplätzen und Ecken zum Arbeiten mit dem Laptop, Gemeinschaftsräume mit TV, natürlich komplett ausgestattete Grillplätze, von ordentlichen Waschräumen und Duschen und der obligatorischen Sauna ganz zu schweigen. Sogar eine überdachte Bühne für Aufführungen und Konzerte ist da.
Und am Meer selbstverständlich (mehrere) Badestellen und andere maritime Angebote. Auf allen Plätzen kann man alternativ zum Stellplatz für den Wohnwagen oder das Zelt auch feste Unterkünfte mieten, die von „überdachten Betten“ bis hin zu gut ausgestatteten Ferienhäuschen reichen.

Felsen
Schon auf der Fahrt die schwedische Küste entlang hatten wir mehrfach das irritierende Gefühl, uns eigentlich in einem Mittelgebirge zu befinden: Dichter Nadelwald und steile Felswände links und rechts der Autobahn, obwohl wir nur 40m über dem Meer und nur ein paar Kilometer von der Küste entfernt fuhren.

Auch als wir uns aufmachen, Göteborg zu erkunden, laufen wir am Strand an rundgeschliffenen Felsen vorbei und manche Perspektive erinnert an die Wanderung über eine Hochebene im Gebirge.
Achtung, kleine Klugscheisserei:
Das liegt halt daran, dass wir uns gerade tatsächlich in den Ausläufern eines sehr alten Gebirge befinden. Es entstammt der kaledonischen Faltung vor 450 Millionen Jahren. (Dagegen sind die Alpen und der Himalaya mit einer Entstehung vor 20 Millionen Jahren quasi Neuland.)
Und wie ein Radiergummi während seiner Nutzung immer kleiner wird, wurde dieses Gebirge seit seiner Entstehung unter den gewaltigen Kräften der Eiszeiten abgetragen und rundgeschliffen bis nur noch wenig davon übrig war. Das meiste davon wanderte mit den Gletschern nach Süden – zum Beispiel in den Berliner Grunewald, wo auch noch einige der großen Brocken liegen.

Die landschaftlichen Besonderheiten setzen sich in der Stadt fort, die zwar überwiegend flach am Meer gelegen ist, aber immer wieder skurile Anblicke bietet, wenn ein Haus quasi aus einem Felsen wächst und gleich daneben aber eine normale Straße wie in Berlin daran vorbeiführt.
Dreht man sich um, schaut man auf den Fjord und die vielen Fähren, die dort wie Busse im zehn Minutentakt den Berufsverkehr erledigen. Göteborg fasst diese Gegensätze zusammen und wir versuchen, das alles aufzunehmen, während wir zwischen Hafen, Festung und Haga umherwandern.

In diesem hübschen historischen Viertel shoppen wir „Pippi Langstrump Karamellstrut“ und beschließen unseren Ausflug mit einem leckeren Glas (Eis) von „Bräutigams Praliner & Marsipan“.
Nicht mehr geschafft haben wir einen Besuch in Göteborgs „Hauptattraktion“ dem Liseberg Park, ein in ganz Schweden und darüber hinaus bekannter Vernügungspark mit über zweieinhalb Millionen Besuchern jährlich. Wir sind vielleicht bei einer anderen Gelegenheit dabei. Bemerkenswert finde ich, dass der Park im Besitz der Kommune ist und die Stadtversammlung die Direktiven vorgibt. Business im Sinne der Bürger. Geht hier offenbar.
Kleiner Tipp für Interessierte mit Handycap: Es ist hilfreich, sich im Vorfeld ein „Liseberg Certificate“ von seinem Arzt oder Therapeuten ausfüllen zu lassen. Damit erhält die gegebenenfalls notwendige Begleitperson freien Eintritt und darf bei Benutzung von Fahrgeschäften unterstützen.
Wird fortgesetzt…